Neulich ging ich (altergecko) mal wieder die Linden entlang, der geschäftigen Hauptstadtmeile, umwimmelt von Touristen, fleißigen Dienstleistern in ihren Fahrradtaxis und Autos, die ihre Umwege um die U-Bahn-Baustelle an der großen Kreuzung suchten. Schon etwas fußmüde hatte ich das Glück noch einen Platz in einem Café zwischen dieser Kreuzung und den Haupthäusern der Entscheidungsträger zu finden. Es war Mittagszeit, das Café war brechend voll, denn die Diäten-Nomenklatura hatte Mittagspause. Die Apparatschiks und Apparatschika nebst sonstiger selbstaufgefasster Elite des neofeudalen Kapitalzeitalters gröhlten lautstark und selbstgefällig an ihren Tischen, nur gelegentlich konnte der aufmerksame Zuhörer dazwischen das leise-listige Kichern eines Lobbyisten oder einer Lobbyista vernehmen, und der aufmerksame Riecher dazu den Mundgeruch. Trotz Rauchverbot wurde die viel gerühmte Berliner Luft jetzt doch sehr stickig. Da fiel mir ein, dass einst vor 190 Jahren der Student Heinrich Heine hier spazierte und so schön zutreffend feststellte, dass es denn überhaupt in Berlin keinen Pöbel gibt, außer etwa in den höchsten Ständen. Wie sich die Zeiten in den ausschlaggebenden Dingen doch immer treu geblieben sind.

Berliner Luft: Ausschlag-gebend