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Bon Anniversaire, Fréderic!

Von Altergecko. Berlin, 24. Januar 2012

Ob Marilyn M. dem Friedrich II. auch so ein schön subkutan-erotisches „Happy Birthday, Dear President“ eingehaucht hätte, wie einst ihrem Jack? Don’t ask me! Quelle question! hätte Friedrich nach einigen Umdrehungen in der Gruft wohl ausgerufen (und seine 7 Köter hätten in ihren 7 Gräbern aufgejault). Nun, das ist Spekulation! Falls aber Marilyn gut und dicht behaarte Beine hatte, wer weiß, John F. alias Jack wußte es bestimmt, denn er durfte vielleicht einmal den Schaum für die Rasur aufpinseln, ja dann hätte Friedrich sie sicher wie einst schon seine erste Tänzerin, die aus Venezien geraubte Baberina, bewundert. Wegen der behaarten Beine natürlich, das hat uns bereits Voltaire verraten.

Warum nur nennt man Friedrich II. den Großen? Nun, Friedrich hat in Preußens und Saupreußens Orchester die Erste Flöte gespielt. Ja, Friedrich war ein großer Flötenvirtuose, der abends nur zu gern im Schlosse Sans Souci selbst Komponiertes während seiner musikalischen Soiréen zum Vortrag gab. Die Abende im Schloss waren der Kunst, der Musik gewidmet, jut jemalt von Adolph von Menzel und auf den Tasten beklimpert von Carl Philipp Emanuel Bach.

Menzels berühmtes Bild vom Flötenkönig

Menzels berühmtes Bild vom Flötenkönig

Friedrich war also die Erste Flöte und ein großer Flötenvirtuose und, seinen inneren Neigungen gemäß, ein leidenschaftlicher Queer-Flötist. Und so ging es schon morgens, undzwar ganz früh schon, sommers stand der König um 5 Uhr auf, ganz ohne Sorge und herzhaft zur Sache: Nach dem Kaffee, so berichtet uns wiederum Voltaire, „huldigte der Stoiker für ein paar Augenblicke der Sekte Epikurs“. Aber nur ein paar Augenblicke, sonst hätte womöglich noch die Konzentration auf die Kriegsführung gelitten. Friedrich ließ dazu kurz nach dem Aufstehen seine schönsten Favoriten, allesamt junge Pagen und Kadetten, antreten. Und was dann? Voltaire fährt fort: „Derjenige, der das Taschentuch zugeworfen bekam, blieb eine Viertelstunde mit dem König allein.“ Damit wir jetzt bloß nicht an eine märkische Orgie denken, bremst Voltaire sofort unsere schon ausschweifende Fantasie: „Es kam dabei nicht bis zum Äußersten; da der Prinz zu Lebzeiten seines Vaters [Friedrichs Papa war der gestrenge Soldatenkönig] bei seinen flüchtigen Liebschaften ziemlich malträtiert und schlecht geheilt worden war; die erste Rolle konnte er nicht spielen, er musste sich mit der zweiten begnügen.“ Diese verdammte von-Katte-Geschichte, hat unsern König fast janz kaputt jemacht.
Warum steht das nicht in den Geschichtsbüchern?! Grrr! Summa: Friedrich war zwar der Große, konnte aber die erste Rolle nicht spielen, so’nen Mist aber auch!

Nein, das ist nicht alles: Friedrich war ja auch Bärlins großer Auftraggeber in Sachen Bauwerke, allerdings, und da wäre dem großen Friedrich-Verehrer Heine Recht zu geben: oft schnurgerade und „meistens nach dem Eigenwillen eines Einzelnen“ gebaut. Aber Heine hatte ja zu seinem Glück noch das „geistige Berlin“ erleben dürfen, jibt’s nischt mehr, heute.

Nein noch mehr: Friedrich war aufgeklärter Absolutist, wenngleich das an und für sich genommen schon etwas widersprüchlich anmutet. Das beste Bild, was man sich da vom sogenannten „Aufgeklärten Absolutismus“ machen kann, bietet die Reiterstatue Unter den Linden: Lessing und Kant schön unter dem Schwanz eines Bronze-Gauls gruppiert auf dem Friedrich II. hoch zu Ross einfach drauf rumreitet.

Friedrich ist für die meisten aber groß, nicht der Flöte wegen, nicht der Aufklärung wegen, sondern weil er die heruntergekommene Mark mit ein paar frechen und durchaus brutalen Kriegen zu jenem Saupreußen gemacht hat, das die Bayern (und die Österreicher) so lieben, und die verweichlichten Sachsen-Auguste natürlich auch, die dabei mächtig gestutzt wurden. Naja, sonst wär‘ Berlin wohl noch schwedisch geworden, oder mein Gott, polnisch gar oder sogar österreicherisch! Ein Österreicher folgte F II ja gewissermaßen später noch auf den Thron… eine andere, schreckliche Geschichte.

Noch einmal alle zusammen: Bon Anniversaire, Fréderic!

Alle Zitate aus: Berlin. Ein literarischer Reiseführer. WBG, Darmstadt (2007)

Tip: Das Gedicht „Alter Fritz für die Katz“ von Peter P. Neuhaus